JOHANNES KLIER

Neuerscheinung – Urtext Erstausgabe

Am 01. Dezember 2021 ist im Guitar Archive von Schott Music die Urtext-Ausgabe von Manuel de Fallas einziger Gitarrenkomposition Homenaje a Debussy erschienen. Es handelt sich hierbei gut 100 Jahre nach ihrem Erscheinen um die Erstausgabe dieser Komposition, da das handschriftliche Autograph erst kürzlich in der Bibliothek der FUNDACIÓN ARCHIVO MANUEL DE FALLA in Granada entdeckt wurde.

Manuel de Falla (1876–1946) 

Homenaje a Debussy für Gitarre solo

Schott Music GA 578

In der Geschichte der Gitarre und ihrer Musik geschah es erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts, dass Komponisten, die selbst nicht Gitarre spielten, für das Instrument zu komponieren begannen. Hinter dieser Entwicklung stand stets die Freundschaft zwischen dem jeweiligen Komponisten und einem Gitarristen: etwa von Miguel Llobet und Manuel de Falla, Andrés Segovia und zahlreichen Komponisten wie Federico Moreno Torroba, Alexandre Tansman, Heítor Villa-Lobos oder Joaquín Turina – um nur einige zu nennen. Im englischsprachigen Raum ist diese Herangehensweise vor allem Julian Bream zu danken, der namhafte Komponisten zu Gitarrenkompositionen anregte: Benjamin Britten, Hans Werner Henze, Richard Rodney Bennett, William Walton und Malcolm Arnold.

Alles beginnt mit dem Jahr 1920. Lange Zeit war man der Meinung, dass Manuel de Fallas Homenaje a Debussy die erste Komposition für Gitarre eines Nicht-Gitarristen im 20. Jh. gewesen sei. Heute wissen wir, dass das so nicht ganz stimmt. Es war Federico Moreno Torroba, der im Frühjahr 1920 – wenige Monate vor de Fallas Komposition, mit Danza die erste Komposition für Gitarre im 20. Jh. als Nicht-Gitarrist schuf.

Damit nicht genug. Die Geschichte von Manuel de Fallas einziger Gitarrenkomposition Homenaje a Debussy ist zunächst eine Geschichte von Missverständnissen, Fehlinterpretationen und Manipulationen des Notentextes. Dies konnte geschehen, weil das Autograph der Homenaje als verschollen galt und daher jahrzehntelang eine verwirrende Anzahl verschiedenster Editionen existierte. Erst vor wenigen Jahren wurde das handschriftliche Autograph im Archivo Manuel de Falla in Granada entdeckt. So kann erst jetzt die wahre Geschichte der Homenaje erzählt werden.

In meinem Essay Die Homenaje a Debussy für Gitarre solo von Manuel de Falla – Entstehungsgeschichte, Urtext, Analyse kann man die ausführliche Geschichte dieses Stücks und eine musikalische Analyse nachlesen. 


Neuerscheinung – Erstausgabe

Im Oktober 2019 ist im Schott-Verlag meine Rekonstruktion eines Gitarrenstücks aus dem Jahre 1931 erschienen, das zwar Gitarrengeschichte geschrieben hat, das aber trotzdem bislang nicht in einer Notenausgabe erhältlich war:

Manuel Ponce (1882–1948)

Prélude „Silvius Leopold Weiss“ für Gitarre solo

Schott Music GA 576 

Die Geschichte des Préludes „Silvius Leopold Weiss“ lag viele Jahrzehnte im Dunkeln. Wir wissen nur, dass das Gitarrenstück – als Werk von Silvius Leopold Weiss bezeichnet – ab 1931/32 regelmäßig im Repertoire von Andrés Segovia auftauchte. Aber erst Mitte der 1980er Jahre gab es gesicherte Belege dafür, dass Manuel Ponce der Komponist dieses außergewöhnlichen Gitarrenwerkes ist und er es auf Bestellung von und für Andrés Segovia komponiert hatte. 

Obwohl das Stück seit Jahrzehnten zu den bekanntesten Werken Ponces für Gitarre solo gehört, hat es Segovia nie in seinem „Gitarren-Archiv“ im Schott Verlag veröffentlicht. Die Gründe dafür sind vielfältig. So ist das Original-Manuskript seit der Plünderung von Segovias Wohnung in Barcelona in den ersten Tagen des Spanischen Bürgerkriegs wie viele andere seiner Manuskripte verschollen – einer der Gründe, warum es bisher nicht als Originalwerk von Manuel Ponce veröffentlicht wurde. Das jahrzehntelange Versteckspiel um die Autorschaft ist ein weiterer gewichtiger Grund dafür, dass das Prélude nie als gedruckte Notenedition erschienen ist. 

Schott Music hat nun meine Rekonstruktion dieses berühmte Gitarrenstück von Manuel Ponce aus dem Jahre 1931 erstmals veröffentlicht. Da das Autograph nicht mehr existiert, habe ich unter Berücksichtigung aller verfügbaren Quellen eine plausible Fassung rekonstruiert, die dem Original-Manuskript bzw. der Urfassung Ponces überzeugend nahe kommt. 

In meinem Essay Das Prélude „Silvius Leopold Weiss“ von Manuel María Ponce  – Hintergründe zur Entstehungsgeschichte, Rekonstruktion und Analysen kann man die ausführliche Geschichte dieses Stücks, Erklärungen zu seiner Rekonstruktion und eine musikalische Analyse nachlesen.